Berlins Buntpop-Botschafterin

Currywurst rot-weiß? Natürlich nicht!

Die Zehlendorfer Künstlerin Anja Boje mag es noch viel bunter, nicht nur Berlins Gourmet-Symbol, sondern auch Buddy-Bären. Die werden in ihrem Atelier entworfen und bemalt. Ein Besuch in Dahlem. Die Farbpalette der Malerin Anja Boje ist kunterbunt. Blau, rot und gelb mag die Popart-Künstlerin am liebsten. Wenn sie den Pinsel führt, scheinen die Farben eine Seele zu bekommen; manchmal auch ein Gesicht und einen Körper. Es entsteht jeweils eine neue Geschichte auf Papier, Leinwand oder einer Skulptur. Immer eine Berliner Geschichte, denn Anja Boje ist eine echte Berliner Pflanze. Ihr Atelier hat sie sich in Dahlem eingerichtet, weil sie dort die nötige Ruhe und Inspiration für ihre Arbeit findet.

„Zudem sind die Lichtverhältnisse hier die besten in der ganzen Stadt“, findet sie. Durch die moderate Bebauung mit den großzügigen Grünflächen gibt es viel Platz, wo die Sonne hindurch scheinen kann. Ihr Atelier hat deshalb eine riesige Fensterfront. Wenn Anja Boje malt, ist es, als ob sie im Freien sitzt. Ihr aktuelles Projekt: Die Gestaltung eines Buddy-Bären für eine deutsche Automarke. „Ich lese mich gerade in das Thema ein und habe schon einiges über Karosserien, Scheinwerfer und Motoren gelernt“, sagt sie.

All das findet sich später in ihrer Malerei wieder. Auf der Suche nach einem Symbol: die Currywurst Seit etwa sechs Jahren entwirft Anja Boje Motive für die berühmten Buddy-Bären. Rocky, Knöpfchen und Sternchen stammen zum Beispiel aus ihrer Werkstatt. Sie ist stolz, Teil dieses Berlin-Botschafter-Projektes zu sein. „Denn ich möchte meine Stadt mitgestalten und sie zum Positiven verändern“, erklärt die Künstlerin.

Und dennoch war sie immer auf der Suche nach einem Berliner Symbol, das sie für sich selbst entdecken und gestalten kann. Bei einem Sonntagsausflug in der Stadt kam die Idee: Currywurst. „Ich fand es spannend, diese Wurst aus ihrem tristen, farblosen Image zu holen“, erinnert sich Boje. Frisch und farbenfroh sollte sie aussehen, am besten kunterbunt, mit typischen Berliner Motiven wie Funkturm oder Weltzeituhr, Brandenburger Tor oder S-Bahn. Und weil diese spezielle Form einer Wurst, der einer sportlichen Freizeittasche nicht unähnlich ist, kreierte Anja Boje kurzerhand eine passende Kollektion von Currywurst-Bags.

Dabei legt sie großen Wert auf das Label „Made in Germany“, denn die Drucke ihrer entworfenen Motive entstehen im Schwarzwald und der Baumwollstoff wird im Erzgebirge zusammen genäht. Dass Anja Boje Humor hat, zeigt der Name ihrer Kreation. Sie heißt Wackelwurst. Weil die Tasche an den Menschen durch die Stadt wackeln soll. „Meine Wurst wackelt durch Berlin“, schmunzelt sie. Ähm, mit Darm oder ohne?

Na, auf jeden Fall nicht rot-weiß!

Doch der Weg, eine freie Künstlerin zu werden, die ihre eigenen Ideen verwirklichen kann, verlief für Anja Boje nicht immer ohne Hindernisse. Sie ist 1970 in Berlin-Mitte geboren und wuchs in der DDR auf. „Die Häuser waren früher alle grau und ich habe die Farben vermisst“, sagt sie. Das sei wohl der Grund für ihre Faszination für Farben.

Eine einfarbige Welt möchte sie sich heute nicht mehr vorstellen. „Das Leben ist doch bunt“, findet sie. Ihre Eltern fühlten sich im DDR-System nicht wohl und stellten einen Ausreiseantrag. Deshalb zog Anja Boje mit ihrer Familie 1984 nach West-Berlin. Sie machte ihr Abitur in Spandau und ging dann zum Studieren nach Dahlem an die Freie Universität. Fachgebiet: Geografie. „Meine Eltern wünschten sich, dass ich ein naturwissenschaftliches Studium mache“, erklärt Boje. Eigentlich habe sie aber schon von Kindheit an Malerin werden wollen.

Nach ihrem Studium arbeitete Anja Boje zunächst in Hamburg, später als Landschafts- und Gewässerökologin am Landesumweltamt in Potsdam (heute Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz). Die Liebe zur Kunst und zum freigeistlichen Arbeiten ließ sie jedoch nicht los. 2001 zog sie die Reisleine, ging auf volles Risiko und machte sich als Malerin selbstständig. „Ich wollte immer den Menschen Freude bereiten, und das geht nur, indem ich mich künstlerisch ausdrücke“, sagt sie über ihre Motivation. Weil Anja Boje inzwischen verheiratet war und ihr Mann ursprünglich aus Hamburg kommt, baute die Autodidaktin ihr erstes, eigenes Atelier, die „Kinder-Galerie Oskar“, in der Elbmetropole auf. Dort organisierte sie Malkurse für Kinder aus sozial schwachen Familien und entwarf ein Alphabet mit Berliner Motiven, die von den Figuren Oskar der Brillenpelikan und Erbse der Entenvogel erklärt werden.

Oskar und Erbse tauchen bis heute immer wieder in ihren Malereien auf. Anja Boje liebt Kinder-Figuren. „Denn ich bleibe selbst immer ein Kind“, sagt sie von sich. Nach vier Jahren Hamburg war das Heimweh groß, so dass Anja Boje mit ihrem Mann zurück nach Berlin zog. Hier eröffnete sie das „Atelier Berlin Dahlem“. Seither gestaltet die Malerin in ihrer ureigenen, farbenprächtigen Weise ständig neue Motive. „Ich male einfach das, woran ich denke und so manches entwickelt sich erst spontan auf der Leinwand“, verrät sie. Ihre Popart-Kunstwerke finden inzwischen auch weltweit Liebhaber, zum Beispiel in Brasilien, Italien, Frankreich oder Österreich. Onlineartikel